AG Medical Anthropology

Hauptstudium (Blockseminar):

Wissen und Entscheidungen über den Körper:
Erhebung medizinethnologischen Wissens

Sommersemester 2007

Dr. Julia Pauli (julia.pauli@uni-koeln.de)
Universität Hamburg, Institut für Ethnologie

 

In unterschiedlichen medizinischen Kontexten hat sich immer wieder gezeigt, dass Entscheidungen für oder gegen Präventions- und Interventionsmaßnahmen wesentlich davon abhängen, welches Wissen und welche Vorstellung das Individuum über seinen Körper hat. Zum Beispiel konnte Carol MacCormack (1988) in einer interkulturell vergleichenden Untersuchung zeigen, wie die Benutzung von Verhütungsmitteln durch unterschiedliches Wissen und variierende Annahmen über die Physiologie des weiblichen Körpers beeinflusst wurde. In Bezug auf die Ausbreitung der Pandemie HIV/AIDS spielt der Zusammenhang von physiologischem und medizinischem Wissen und Entscheidungen für oder gegen die Benutzung von Kondomen eine zentrale Rolle. Dabei ist aber häufig eine  Afrikanisierung der Thematik zu beobachten, d.h., dass die geringe Nutzung von Kondomen auf  afrikanische Kultur zurückgeführt wird. Dieser kulturalistische Erklärungsansatz wurde vor allem von Gausset (2001) stark kritisiert, der davon ausgeht, dass viele der Entscheidungsprozess interkulturell ähnlich sind. Von dieser Debatte ausgehend sollen in dem Seminar Daten zu Wissen und Vorstellungen über HIV/AIDS und die menschliche Physiologie und Entscheidungen für oder gegen die Benutzung von Kondomen unter Hamburger Studenten erhoben werden. Im Seminar werden wir zunächst Artikel zum Thema vor allem aus dem afrikanischen Zusammenhang besprechen. Im Anschluss daran soll ein Erhebungsinstrument erarbeitet werden. Um die Ergebnisse auch vergleichen zu können, sollen die Fragebögen anderer Untersuchungen zum Thema HIV/AIDS gesichtet und in das Erhebungsinstrument integriert werden. Für die Datenerhebung stehen dann fast zwei Monate zur Verfügung. Im letzten Teil des Seminar werden wir die Daten eingeben und gemeinsam erste Auswertungen durchführen.

Literatur:

Ein Reader, der alle Texte und mehrere Fragebögen umfasst, wird zu Anfang des Semesters als Kopiervorlage ausgegeben.

  • MacCormack, C. P. 1988: Lay concepts of reproductive physiology related to contraceptive use: a method of investigation. In Caldwell, J.C., Hill, A.G. und Hull, V.J. /Hrsg.) Micro-Approaches to Demographic Research. London.
  • Gausset, Q. 2001: Aids and cultural practices in Africa: the case of the Tonga (Zambia). Social Science and Medicine 52: 509-518.